Urs Welten, Präsident der Laden-Lobby «Pro Innerstadt», hat es noch gar nicht realisiert: Basel ist zwar, gemäss dem jüngsten Städte-Rating der Wirtschaftszeitschrift «Bilanz», bei allen Beurteilungskriterien schlechter platziert als das führende Zürich, nicht jedoch in einem Punkt: der Einkaufsinfrastruktur. Hätten Sie das geahnt? Auch andere ignorieren bisher diese gute Botschaft der «Manager-Annabelle»: Zum Beispiel die Luxusausstatterin Trudie Götz, die in Basel nur zwei «Trois Pommes»-Boutiquen betreibt, in Zürich aber mindestens deren sechs. In dieselbe ignorante Klasse gehören alle mehrbesseren Baslerinnen und Basler, die samstags ihre Platin-Kreditkarte an die Limmat tragen, um Kleider, Kunst und Klunker zu posten. Warum schweifen sie in die Ferne, wenn das Gute doch so nahe liegt?

Oder ist es am Ende umgekehrt? Hat die in Erlenbach wohnhafte Baslerin Götz recht, die seit Jahrzehnten den Markt kennt und repräsentiert, und irrt hier die «Bilanz»? Nun, die Zeitschrift kann sich hinter der Immobilienagentur Wüest & Partner verstecken, welche das Städte-Ranking verantwortet. Wüest & Partner ist in der Welt der Hütten und Paläste, was Claude Longchamps Polit-Orakel «gfs.bern» für Wahlen und Abstimmungen bedeutet: Das Mass aller Dinge. Aber wie «gfs.bern» bei der Minarett-Initiative kann auch Wüest & Partner voll danebenliegen – wie etwa bei dieser urbanen Hitparade. Wie immer bei solchen Listen sind die Beurteilungsraster ausschlaggebend für das Resultat. Städte bloss durch die Brille des Immo-Hais zu betrachten, führt zu so absurden Resultaten wie der Überlegenheit Basels als Shopping-Metropole.
Als Mekka für Konsum-Fetischisten – noch eine Länge vor Basel – zeichnet Wüest & Partner Spreitenbach aus. Also je mehr Spreitenbach, desto besser die Rangierung. So misst man heute Lebensqualität. Spreitenbach? – Nein danke! Städte sind mehr als eine Ansammlung von Häusern und Strassen, Läden, Renditen und Steuern, mehr als die Summe von Angeboten und Infrastruktur: Die Kriterien von Wüest & Partner sind von der gierigen Stadt geprägt, die sich langfristig selbst zerstört, weil jeder Winkel am Umsatz gemessen wird, der sich damit generieren lässt. Platz 9 ist wohl der beste in einem solchen Wettbewerb, der zum Beispiel um so mehr Punkte verteilt, je krasser eine Stadt wächst. Ein gemässigtes Wachstum, das weniger soziale Spannungen und geringere Umweltzerstörung nach sich zieht, ist jedoch einem Wachstumschaos vorzuziehen, wie es andere erleiden. Und doch ist der Platz 9 auch nicht so weit hinten, dass an der Prosperität Basels gezweifelt werden muss. Hütet Euch beim Ranking! Die Seele einer Stadt lässt sich mit solchen Statistiken nicht erfassen.